
Kekse aus Grillenmehl: Sind Insekten eine sinnvolle Nahrungsquelle oder nicht? Zwei Expertinnen nennen ihr Für und Wider.
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Mehlwürmer zum Mittagessen?
Insekten als Nahrungsmittel sind nicht besonders populär – obwohl ihr Nährwert hoch ist. Aber sollten wir die Tiere überhaupt züchten und töten? Wir haben eine Forscherin von der TU Berlin und eine Wissenschaftlerin von PETA nach ihrer Meinung gefragt.

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Pro
Dr. Birgit Rumpold
ist Lebensmitteltechnologin und arbeitet an der Technischen Universität Berlin im Fachgebiet Bildung für nachhaltige Ernährung und Lebensmittelwissenschaft.
Grundsätzlich sind Insekten aus meiner Sicht eine alternative Nahrungsquelle. Sie liefern Mineralstoffe und Proteine, und ihre Zucht ist deutlich klimafreundlicher als etwa bei Rindern: Man benötigt weniger Wasser, zudem verwerten Insekten Futter deutlich effektiver. Sie vermehren sich schnell und haben in der Regel mehrere Nachkommen pro Jahr.
Bislang gibt es keine gesetzliche Regelung für die Zucht und die Tötung von Insekten. Massentierhaltung ist bei vielen Arten eher unproblematisch, weil enges Zusammenleben etwa bei Ameisen oder Bienen durchaus artgerecht ist. Der Bioverband Naturland schreibt seinen Mitgliedern vor, Insekten so schonend und zügig wie möglich zu töten.
Ich finde einen Aspekt interessant: Für die Produktion pflanzlicher Lebensmittel werden sehr viele Insektizide eingesetzt, um Insekten zu töten. Ich will damit nicht die jetzige Art der Tötung rechtfertigen. Aber auch für die pflanzliche Ernährung werden Insekten in großem Umfang getötet. Das wird oft vergessen.
Geschmack ist der Schlüssel
Insekten zu essen, ist derzeit in Deutschland kaum akzeptiert, es überwiegen Ekel und Ablehnung. Wir haben in einem EU-Projekt Menschen gefragt, aus welchen Zutaten sie lieber Hackbällchen essen würden. Zur Auswahl standen unter anderem Erbsenprotein, Hühnchen, Grillen und Mehlwürmer. Mehr als 60 Prozent der Deutschen haben nicht das insektenhaltige Produkt gewählt.
Ich persönlich glaube, dass Insekten als Lebensmittel ohnehin nur eine Rolle spielen werden, wenn es sich auch preislich lohnt. Im Augenblick ist aber ein Kilo deutlich teurer als bei anderen Nutztieren, weil so viel Handarbeit in der Zucht nötig ist. Und natürlich ist der Geschmack der Schlüssel für die Akzeptanz von Insekten.

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Kontra
Dr. Tanja Breining
ist Biologin und Fachreferentin für Wassertiere bei PETA Deutschland. Sie promovierte über atlantische Schildfische, hat aber auch eine Leidenschaft für Insekten und andere wirbellose Tiere.
Es ist unnötig und unethisch, Insekten zu essen – und weder mit einer veganen noch mit einer vegetarischen Ernährung zu vereinbaren. Denn auch Insekten sind fühlende Tiere, die ohne vernünftigen Grund für den Verzehr getötet werden. Bei den zwei gängigsten Tötungsmethoden werden Insekten lebendig tiefgefroren oder in kochendem Wasser qualvoll verbrüht.
Die Zucht von Insekten als tierische Proteinquelle ist nichts anderes als industrielle Massentierhaltung: Es gibt hierzulande dafür weder Haltungsvorschriften noch Regelungen für eine möglichst schmerzlose Tötung. Gezüchtete Insekten, die für den Markt bestimmt sind, werden durch Mahlen und Gefriertrocknen verarbeitet, um sie haltbar zu machen, was viel Energie verbraucht. Neben Tierschutzregelungen fehlen etwa auch klare Regelungen für den Einsatz von Antibiotika in der Insektenzucht.
Faszinierende Facetten aus der Forschung
Vor allem aber unterschätzen wir Insekten, wie viele wirbellose Tiere, leider immer noch massiv. Dabei fördert die Forschung längst faszinierende Facetten zutage: Papierwespen können Gesichter abspeichern, strategisch denken und komplexe Aufgaben lösen. Hummeln nutzen Werkzeuge und bestehen Verhaltenstests, die auch intelligente Krähen schaffen. Schmerzempfinden wurde bei mehreren Arten nachgewiesen. Eine Studie hat gezeigt: Hummeln wägen ab zwischen Genuss und Schmerz und nehmen zum Teil schmerzhafte Hitze in Kauf, um an eine süße Belohnung zu gelangen.
Eine Fülle an pflanzlichen Lebensmitteln macht den Verzehr von Insekten und anderen Tieren in ethischer Hinsicht, für den Klimaschutz und zur Bekämpfung des Welthungers komplett überflüssig. Es gibt keinen Grund, sie einzusperren, zu quälen und als „Ressource“ auszubeuten.