
Für das Frühstück und das Abendessen bereitet die Küchenhilfe Christine Gantner-Gehbauer an diesem Morgen insgesamt 37 Wurst- und Käseplatten zu.
„Eine Küche ist keine Kuschelecke“
Küchenhilfen kümmern sich im Hintergrund um das Wohl der Patientinnen und Patienten. Für Außenstehende ist ihre Arbeit unsichtbar – und unverzichtbar.
Sonntagmorgen, kurz vor 7 Uhr. In der Küche der Argentalklinik gehen die Lichter an. Noch ist es ruhig – nur manchmal entweicht den Öfen ein Geräusch, das wie ein müdes Seufzen klingt. Wenige Stunden später wird die Küche mit Leben gefüllt sein: Stimmen werden versuchen, das Tellerklappern und das Scheppern der Edelstahlbehälter zu übertönen. Aus den mannshohen Öfen wird der Geruch von Schweinefilets und Gemüseauflauf strömen. Routiniertes Arbeiten mit gelegentlicher Hektik wird danach wieder in Ruhe übergehen.
Der Arbeitstag von Christine Gantner-Gehbauer, Küchenhilfe in der Argentalklinik, beginnt in einem kleinen Büroraum. Jeden Morgen versammeln sich dort vier bis sechs Mitarbeitende und besprechen im Schnelldurchlauf den Tag. Der Koch teilt als Küchenchef die Aufgaben ein. Christine Gantner-Gehbauers Aufgaben variieren. „Wir sind die rechte Hand der Köchinnen und Köche. Zum Beispiel helfen wir ihnen bei der Mittagsausgabe, achten auf die Haltbarkeit von Lebensmitteln und füllen Vorräte auf“, erklärt sie. „Wir unterstützen auch die Cafeteria oder kümmern uns um das Mittagessen für Personal aus anderen Abteilungen. Mit unseren Ernährungsberaterinnen sorgen wir dafür, dass auf Patientinnen und Patienten mit Allergien oder Unverträglichkeiten Rücksicht genommen wird.“ Während sie das Büro verlassen, bringt Christine Gantner-Gehbauer ihren Chef auf den neuesten Stand. „Gestern ist beim Mittagessen der Schokopudding ausgegangen. In Zukunft müssen wir mehr zubereiten.“ Im nächsten Satz erinnert sie ihn an die Frühstückseier im Ofen – die müssen raus. Aber der Koch wird in ein neues Gespräch verwickelt, also kümmert sie sich kurzerhand selbst darum. 120 Eier, hart gekocht. Mit geübten Handgriffen legt die Küchenhilfe sie in Behälter und bringt die Eier in den Speisesaal.


Das Team hilft beim Schnibbeln, ist im Austausch mit den Ernährungsberaterinnen und bringt die Küchenchefs auf den neuesten Stand.
Christine Gantner-Gehbauers Tagesablauf hängt davon ab, welcher Dienst ihr zugeteilt ist. Heute verbringt sie die ersten Stunden damit, Wurst- und Käseplatten vorzubereiten, die morgen beim Frühstück und beim Abendessen für Patientinnen und Patienten am Büfett bereitgestellt werden. Geflügelbierschinken, Schinkenwurst, Lyoner, Gouda, Bergjausen-Käse – 37 Platten später streift sie sich die Einweghandschuhe ab. Zeit für eine Tasse Kaffee. Nach der Frühstückspause räumt die Küchenhilfe bis zum Mittag Geschirr in die Bandspülmaschine ein. Ihre Kollegin nimmt das saubere Geschirr auf der anderen Seite entgegen. Lautes Rauschen und Klappern begleiten die Mitarbeitenden als ewige Hintergrundmusik der Spülküche. „Hier brauchst du deine Stimme, wenn du verstanden werden möchtest“, ruft eine der Küchenhilfen und stellt mit einem Scheppern einen vollen Besteckkorb auf das Band.
Meistens ist Christine Gantner-Gehbauer in ihrem Beruf für Außenstehende nicht sichtbar. Aber wenn niemand die Arbeit machen würde oder wenn Fehler passieren, fällt das schnell schmerzlich auf. Vergessen die Küchenhilfen etwa, am Abend die Kaffeemaschine zu programmieren, fehlen am nächsten Morgen 40 Liter Kaffee. Ein kleiner Fehler, der jedoch in einem Speisesaal mit mehr als 260 Patientinnen und Patienten für viel Unruhe sorgen würde. Probleme aus der Küche würden einen Dominoeffekt auslösen. Denn viele Abteilungen der Klinik sind miteinander verwoben und voneinander abhängig. Christine Gantner-Gehbauer arbeitet seit 40 Jahren bei den Waldburg-Zeil Kliniken. In dieser Zeit hat sie viele Veränderungen in der Küche begleitet und dabei eine Menge gelernt – über das Kochen, unterschiedliche Kostformen und neue Ernährungsweisen. Aber auch als Mensch habe sie sich weiterentwickelt, reflektiert die Sechzigjährige. Sie sei flexibler und belastbarer geworden. „Eine Küche ist keine Kuschelecke“, sagt sie. „Wenn man sehr zartbesaitet ist, ist das in diesem Job ein Handicap.“
Niemand ist in einer Großküche aufgewachsen – die Arbeit ist ein Lernprozess.“
Christine Gantner-Gehbauer, Küchenhilfe
Die Hektik aus ihrer Anfangszeit und das Gefühl, nie schnell genug zu arbeiten, seien mittlerweile verschwunden. Über die Jahre hinweg hat Christine Gantner-Gehbauer eine Einstellung entwickelt, die sie mit „Gründlichkeit, Gelassenheit und Geduld“ zusammenfasst. „Diese Haltung versuche ich, heute an neue Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben. Unsere Arbeit ist ein Lernprozess – denn schließlich ist niemand in einer Großküche aufgewachsen.“