Gesundheit & Leben

Mental-Health-Apps

Digitale Begleiter für die Seele

Unterstützung bei Depression und anderen psychischen Erkrankungen bieten inzwischen auch Smartphone-Apps. Wer sollte diese Hilfsmittel nutzen, und was leisten sie?

Text: Alexander Nortrup

Foto: Ronny Trautmann

Christopher ­Berghoff ist Psychologischer Psychotherapeut in der Klinik ­Schwabenland in Isny-­Neutrauchburg.

Sie heißen „Selfapy“, „Deprexis“ oder „Cogito“ und haben etwas gemeinsam: Diese Smartphone-Apps wollen Menschen mit psychischen Erkrankungen helfen und ihr Effekt ist wissenschaftlich erwiesen.

Christopher Berghoff empfiehlt die digitalen Helfer gern. Der 58-Jährige ist Psychologischer Psychotherapeut in der Klinik Schwabenland in Isny-Neutrauchburg. Zu ihm kommen etwa Frauen nach einer Brustkrebstherapie und Männer, die wegen Lungenkrebs oder Herzinfarkt behandelt worden sind. „Wir unterstützen sie dabei, mit ihrer häufig lebensbedrohlichen Krankheit möglichst gut zurechtzukommen“, sagt Christopher Berghoff. Apps können dabei ein zusätzliches Hilfsmittel sein: „Wenn eine seelische Krankheit vorliegt oder Lebensthemen nicht bearbeitet sind, rate ich nach dem Klinikaufenthalt zu einer Psychotherapie. Es dauert aber oft Monate, bis ein Platz verfügbar ist. Apps können helfen, diese Wartezeit zu füllen.“ Die Vorteile aus Sicht des Therapeuten: Die Erkrankten seien bereits aktiv, hätten ihr eigenes seelisches Befinden und Besserung im Blick. Christopher Berghoff empfiehlt, nach einer ärztlichen Diagnose auf der online verfügbaren Liste zugelassener digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) zu suchen. Für kostenpflichtige Apps übernimmt die Krankenkasse die Kosten, wenn eine ärztliche Diagnose vorliegt. Und es gibt auch kostenlose Apps wie „Cogito“, entwickelt vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf. Sie richtet sich unter anderem an Menschen mit Depressionen, Psychosen und problematischem Glücksspielverhalten. Die App enthält mehr als 150 Übungen und Arbeitsaufträge, die in den Alltag integriert werden können. Medaillen und Punkte sollen zur regelmäßigen Nutzung animieren. „Cogito“ ist anonym nutzbar.

„Wer sich gern reflektiert, kann besonders von den Apps profitieren.“

Christopher ­Berghoff, Psychologischer Psychotherapeut

Für alle, bei denen das Smartphone ohnehin ein täglicher Begleiter ist, seien die Apps eine Option, sagt Christopher Berghoff: „Wer sich gern reflektiert, kann besonders davon profitieren.“ Ein Ersatz für eine Psychotherapie sind die Apps aber nicht: „Man hat ermittelt, dass einer der wichtigsten Wirkfaktoren von Therapien die Beziehung ist. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sehen den ganzen Menschen, seine Biografie. Körperhaltung, Stimme und Blickkontakt etwa können sehr wichtig sein, um Patientinnen und Patienten besser einzuschätzen.“ Lernen, Aktivitäten zu planen oder anders zu denken, das könne man mit den Apps gut trainieren: „Mein Zustand verändert sich positiv und das kann ich dem eigenen Tun zuschreiben. So bin ich für eine Therapie schon ganz anders vorbereitet und kann auch danach dranbleiben.“